Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Samstag, 1. Juni 2013

Tag 112 - 01.06.2013

Tricastela - Barbadelo - 26 km - 2592 km
Es war wieder ein schöner Tag, doch sah es heute morgen nicht danach aus, denn um 04:30 blitzten die ersten Stirnlampen durch den Raum. Weiße Plastiktüten, vom letzten Einkauf im Lebensmittelmarkt, wurden hin und her gewuchtet, da man ja nicht wusste, was in welcher Tüte ist. An erholsame Nachtruhe war fortan nicht mehr zu denken.
Dann großes Geschrei nebenan. Das einzige Kleingeld war weg. Im Kaffeeautomaten. 'Mann' hatte es eingeworfen, seine Wahl getroffen und die entsprechende Taste gedrückt - doch übersehen, dass er selbst den Becher hätte unterstellen müssen. Jetzt hatte der kaffeesüchtige Frühpilger auch noch die Freundlichkeit, in den Schlafsaal zu kommen, das Licht anzumachen und laut - auf spanisch -  zu fragen, ob jemand im 10 € wechseln könne. Da er keine gewünschte Reaktion erhielt, wollte er es radebrechend auf englisch probieren. Doch mitten in seinem Ansatz musste er stocken, meinte nur noch: "lo siento mucho" und verschwand aus dem Zimmer. Mein Bettnachbar gegenüber fuhr nämlich mit seiner Hand aus dem Schlafsack und ergriff den Schlappen vor seinem Bettt. Rechtzeitig vor dem Wurf war das Licht wieder aus und Ruhe im Raum.
Ich schaffte es wieder, als einer der letzten aus 'meiner' Herberge "auszuziehen". Beim Anziehen beobachtete ich am Fenster die Pilger-Karawane, die auch von anderen Unterkünften kommend, den Ort verließ. Ich frühstückte in aller Ruhe  -  und hatte viele von ihnen spätestens nach zwei Stunden eingeholt. Grund dafür war nicht nur das schöne, sonnige Wanderwetter, so dass meine Füße wussten, was sie tun dürfen, sondern es ging ab Ortsausgang einige Kilometer leicht bergauf. Noch ehe man an einem Brunnen mit Pilgermuschel vorbei kommt (siehe Foto), sah ich sie an Schlauch und Flasche hängen.
Es ging nämlich in dieser sehr grünen Landschaft auf angenehm zu laufenden Wegen wieder auf etwas über 900 m hoch.
Oben eröffnete sich dann dem Interessierten der Blick in die grüne galicische Hügelwelt. Nach gut 10 km machte ich bei wärmendem Sonnenschein (ab hier konnte ich ohne Flecejacke weiter laufen) eine MAP (Mineralien Auffüll Pause). Dabei entschied ich mich, meine vorgesehene Etappe zu verlängern, da fast jede/r heute Sarria (im Tal liegend - siehe Foto) 'ansteuerte'.
In dieser Stadt, an der an jeder Straßenecke eine Penson, ein Hotel und sogar Restaurant mit "Pilgerpreisen" aufwartet und selbst ein hölzerner Santiago herhalten muss und die Speisekarte hält, ergänzte ich nur meinen Proviant. Selbst die Kirche war verschlossen. Vor der Herberge warteten die heute morgen Gestarten auf Einlass. Hier sah ich dann wieder die, die ich nicht eingeholt hatte. Den kurzen Stadtrundgang hätte ich mir ersparen können.
Da diese Stadt die einzig großtechnische Verkehrsanbindung in dieser Region hat, werden von hier morgen etliche Pilger mehr starten (zudem ist Wochenende!). Denn: wer in Santiago eine 'Compostilla' ausgestellt bekommen möchte, muss die letzten 100 km zu Fuß nach Santiago gelaufen sein. Diesen Grenzstein werde ich morgen nach einigen Kilometer erreichen.
Hinter Sarria ging es kurz bergab, an der Bahnlinie entlang, unter der Autobahn hindurch und dann steil aufwärts. Nach gut 4 km erreichte ich meine heutige Unterkunft, 'Casa de Carmen'. Von hier hatte ich eine weite Sicht, auch zurück in die Region, die ich heute durchlaufen hatte.

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