Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Montag, 10. Juni 2013

Tag 122 - 11.06.2013

Muxía - Fisterra  -  30 km  -  2820 km. Fisterra <-> Cap Fisterra - 6 km - 2826 km. Der Leser / die Leserin dieser Seiten mögen mir verzeihen, dass es gestern nicht mehr Text gab, aber ich wollte diesen Tag soweit es ging in aller Ruhe genießen - und auch so ausklingen lassen. | Ich nahm mir Zeit, durch den touristisch sehr, sehr wenig frequentierten Ort zu schlendern, hinaus Richtung Leuchtturm. Dort steht neben dem steinernen Denkmal für die Schiffs-Öl-Katastrophe, die 2002 die gesamte Galicische Küste traf, die barocke  Kirche 'A Nosa Señora da Barca'. Auch gibt es davor einige sehr bekannte Felsformationen aus Granit. Das Wetter zeigte sich wechselhaft; Nebelwolken, Sprühregen und Wind wechselten sich ab, was dazu führte, dass so gut wie keine Touristen/Pilger hier hinaus kamen. Ich hatte die Szene für mich alleine. Während ich mir genügend Zeit nahm, meine bisherige Reise revue passieren zu lassen, konnte ich sogar Delphine beobachten. > Heute ist morgen schon gestern < Und da ich nun endlich da war, am Meer, genoß ich unter dem obigen Gesichtspunkt auch für mich die unglaubliche Tatsache, bis hier her gelaufen zu sein. | Am Abend wurde es wesentlich kälter und stürmisch, der Sprühregen nahm an Intensität zu, die Sicht verringerte sich extrem. Mit ständigem Blick auf den 'Porto Xacobeo' beschloss ich bei wärmendem Tee den Abend. Der Morgen sah nicht anders aus. Der Wind wehte dichte Nebelschwanden vom Meer übers Land. Der 'Pilger' (franz. pèlerin) zog seine Pellerine nebst Gamaschen an und stapfte los. Dort, wo ein Sandstrand bei Sonnenschein sicherlich zu einem längeren Halt eingeladen hätte, liefen nicht einmal mehr die Möven. Eingehüllt in dicken Nebel war zwar oft noch die Düne, der Strand, zu erkennen, nicht mehr jedoch das davor sicherlich irgendwo vorhandene Meer. Nach gut 2 km ging es leider auch noch mächtig bergauf, so dass die Luftfeuchtigkeit unter dem Poncho die von Außerhalb annahm. Solch einen Wandertag hatte ich bisher noch nicht erleben dürfen. Nass, kalt, windig, starker, schräg kommender Sprühregen und dazu glatte, rutschige Wege. Folge: Tunnelblick-Wandern. Und wenn ich stehen blieb, um ein bisschen zu verschnaufen (nicht um Fotos zu machen, das hatte heute gar keinen Sinn), drehte ich mich instiktv mit dem Rücken in den Wind. Ich blickte dann also landeinwärts in nebelumhüllte Erika- / Stechginsterflächen. Ich war froh, als ich endlich Fisterra in Sichtweite hatte. Auch hier - sicherlich auf Grund des Wetters - wenig los auf den Gassen. Dafür saß man in den Bars, den Cafés. Und dann immer wieder die nassen, traurig wirkenden, ankommenden Pilger-Gestalten. Ich sah mich im Schaufenster; ich war einer von ihnen. Die meisten (es waren sehr wenige) kamen den Fußweg von Santiago, nur eine Hand voll lief mit mir den Weg ab Muxía. Alle anderen waren schon - trocken - mit dem Bus direkt aus Santiago angekommen und verteilten sich erst einmal in den Unterkünften. Ich holte mir eine Urkunde ab die bescheinigt, von Santiago zu Fuß nach Fisterra gelaufen zu sein und checkte dann auch in meiner Unterkunft ein. Nach einer kleinen Ruhepause ging ich zum Hafen von Fisterra. Da es immer noch nieselte, besichtigte ich das kleine, aber sehenswerte Fischermuseum. Danach ging ich die etwa 3 km hinaus zum Cap. Nebel / Wolken hüllten diejenigen ein, die so wie ich Richtung Cap gingen, aber auch die, die von dort zurück kehrten. Ich konnte zwar nicht viele sehen (wegen des Nebels), aber es kamen mir immer wieder welche entgegen. Und das selbe "Geschnatter" wie auf dem Jakobsweg bisher. Oft hörte ich die Stimmen, sah aber zuerst noch niemand. Am 0,00 km - Stein das obligatorische Foto, weiter vorne wurde die Sicht noch schlechter und Wasser bzw. das Meer konnte man auch nicht erkennen. Ich hatte gut getan, zuerst Muxía anzulaufen; hier am Cap war es meinem Pilger und mir nicht möglich, in Ruhe meine Gedanken zu fassen. Dennoch, wir waren, nein, sind "am Ende der Welt" - und das zu Fuß! Wir begannen bald wieder mit dem Rückweg, langsam jedoch, nachdenklich, Schritt für Schritt (denn schließlich liegen wieder viele hundert Kilometer vor uns) und ließen uns dabei von so manchem, flott gehenden "Pilger" überholen.

1 Kommentar:

Geo hat gesagt…

Lieber Herr Bartl, seit vielen Tagen lese ich immer wieder ihre Berichte und bin total begeistert. So wie sie schreiben kann man richtig mit fühlen und erleben. Am Tag als sie in Santiago ankamen, hatte ich sogar eine Gänsehaut und dachte mir: ist jetzt alles vorbei??? Nein, es geht weiter....und als sie "nur" das Bild und den einen Satz veröffentlichten, war mir ganz warm ums Herz.
Ich gratuliere ihnen zu dem bisher geleisteten, werde sie weiterhin mit großer Hochachtung begleiten und wünsche ihnen für das kommende ganz viel Kraft.

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