Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Dienstag, 30. April 2013

Tag 80 - 30.04.2013

Sangüesa - Izco - 19 km / 1954 km
Fix und fertig, müde und kraftlos erreichte ich Izco. Ich hatte geplant, nur bis hier her zugehen (die Franzosen von gestern wollten eine Herberge weiter, deshalb!), doch das es so lange und so schwierig werden würde, das hätte keiner von uns gedacht. Wir, das sind ein Franzose, den ich schon von Frankreich kenne sowie ein Italiener und ein Österreicher; beide hatte ich nach dem Somport-Pass schon einmal getroffen und mit beiden kam ich fast zeitgleich an.
Es hatte die ganze Nacht und am Morgen noch geregnet. Es war kalt, Nebelschwaden zogen dicht über die Stadt. Ich ließ mir Zeit, besichtigte noch ein bisschen die alten Adelshäuser mit ihren Verzierungen und alten Wappen der Stadt sowie die Kirche mit dem berühmten Tympanon. Aus der Stadt heraus passierte ich die dampfende Papierfabrik, ehe es wieder in die Berge ging.
Der Weg stieg allmählich, aber permanent.
Er führte an aufgegebenen Höfen, ansonsten nur an Wiesen und Felder vorbei. Auch eine Einsiedelei mit Quelle passierte ich, an der Franz von Asissi auf seiner Pilgerreise nach Santiago seine erste spanische Gemeinde gegründet haben soll.
Auch konnte ich zeitweise, wenn es die Wolkendecke zuließ, die vielen Windkrafträder auf den Bergspitzen sehen.Solange der Weg (zumindest teilweise) noch geschottert war, konnte ich einiger maßen gehen, doch als es anfing lehmig zu werden, ...
Mit jedem Schritt nach vorne rutschte ich etwas zurück, abwärts ging es dann dafür schneller als gewollt. Und die Schuhe; mit jedem Schritt wurden sie schwerer. Ich rutschte, kam einfach nicht vorwärts und wenn man vom Weg abweichen wollte, musste ich mich zwischen Ginster und Buchsbaum durchkämpfen. Den Spuren nach ist dieser ausgewiesene Wanderweg ein Hauptweg für Rinder und Schafe. Meinem Knie tat dieser Weg nicht gut!
Kurz bevor ich den kleinen Ort Izco erreiche, ziehen dunkle Wolken auf, aber es bleibt trocken. Hier gibt es 28 gemeldete Einwohner. Der Unterkunft angeschlossen ist ein Aufenthaltsraum, der den Gemeindemitglieder zum Feiern zur Verfügung steht. Und dazu gehört natürlich eine Bar.
Ein italienischer Pilger ist hier schon vier Tage. Er möchte seine Sehnenscheidenentzündung auskurieren.

Montag, 29. April 2013

Tag 79 - 29.04.2013

Ruesta - Sangüesa - 23 km - 1933 km

Ich hatte schlecht geschlafen, obwohl das Bett gut war und die "Mitschläfer" auch keinen Grund zur Klage gaben. Aber als der erste dann schon um 06:30 anfing, seine Sachen zu packen, war es mit der Nachtruhe sowie so vorbei.
Die ganze Nacht hindurch hatte es geregnet; als ich los ging, war es zwar trocken, doch 100%ige Luftfeuchtigkeit und Nebelschwaden zogen bei nur 4 Grad. Auf den Gipfeln der umliegenden Hügeln lag sogar Schnee. Der Blick reichte oft auf die Talsperre und die Pyrenäen. Die ersten Kilometer ging es nur aufwärts. Der Weg war schmierig, lehmig. An den Füßen klebte der Lehm und machte die Schuhe wesentlich schwerer und das Gehen schwieriger. Nach etwa 7 km ging es endlich wieder abwärts, auf weiterhin solch einem Wegbelag. Am Ende sogar auf der steinigen 'Calzada Romana', die ich heute gar nicht zu würdigen wußte.
Das steile Abwärtsgehen bereitete mir Probleme. Deshalb brauchte ich für die gesamte Strecke heute länger als sonst.
Um die Mittagszeit machte ich bei immer noch kühlen 9 Grad in 'Undues de Leira' eine kurze Pause. Bar und Kirche waren verschlossen.
Der weitere Feldweg führte auf eben solchem rutschigen Lehm weiter. Erst kurz vor dem Etappenziel in Sangües war der Weg geschottert. Über dem Ortseingang kreisten gut 20 Geier.
Faßt gleichzeitig mit mir kam mit einsetzendem Regen ein polnischer Pilger an der Gemeindeherberge an. Er drückte die Türklinke herunter, doch die Tür war verschlossen. Ratlos sahen wir uns an, um sogleich festzustellen, daß etwas abseits der Tür ein schwarzes Brett war. Zeitgleich öffnete sich die Tür, eine franz. Pilgerin, die wir schon von der gestrigen Übernachtung her kannten, teilte uns mit, dass wir die Telefonnummer anrufen sollen (und deutete auf das schwarze Brett), dann dürften wir hinein - und schloß wieder die Tür.   :-(
Wir telefonierten; man sagte uns die Übernachtung zu und wolle auch gleich kommen, um die Formualitäten zu regeln.
So kam es, aber bis dahin ließen uns die franz. Pilger im Regen stehen.
Also heute wieder einmal im Schlafsaal.

Sonntag, 28. April 2013

Tag 78 - 28.04.2013

Arrés - Ruesta - 27 km - 1910 km
Kalt, bedeckt - und nur durch die Natur. Heute umging ich alle Ansiedlungen, da diese nicht auf der direkten Route lagen bzw. obendrein meist noch auf einem Hügel. Zwischendurch passierte ich die Markierung: noch 800 km bis Santiago.
Lange ging es durch eine erodierte Schiefergegend bis zur Talsperre Yesa.
Oft konnte ich dann die Prodestschilder "Yesa No" lesen. Die Anlage des Stausees Yesa hatte früher schon Vielen die Existenzgrundlage gekostet. Ganze Orte gab man auf, die heute nur noch ruinös vorhanden sind. So auch der Ort, in dem ich heute übernachte: Ruesta.
[Hier gibt es nur diese einzige Albergue. Eine Bar gehört auch noch dazu, doch das war es schon. Der nächste Ort für eine eventuelle Übernachtung ist gut 11 km entfernt.]
Und seit Jahren plant man, den Stausee weiter aufzustauen, so dass für die derzeitigen Bewohner der Gegend eine weitere  landwirtschaftliche Betätigung nicht mehr möglich sein wird.

Nur noch 800 km bis Santiago
 

Ruesta - Burgruine
Der Yesa-Stausee im Hintergrund
Ruesta - Hausruinen

Samstag, 27. April 2013

Tag 77 - 27.04.2013

Jaca - Arrés  - 26 km / 1883 km
Es plätscherte am Morgen vor meinem Fenster, also ließ ich es gemütlich angehen. Die Wettervorhersage hatte gemeldet, daß der Regen um 9 Uhr aufhören sollte. Also erst einmal in Ruhe frühstücken.
Es half alles nichts, ich mußte weiter und dazu raus in die Kälte. 6 Grad zeigte die Anzeige an der gegenüber liegenden Apotheke. Für mich war es noch kälter, denn es wehte ein kräftiger Westwind. So kamen sämtliche Winterklamotten wieder zum Einsatz, selbst die Handschuhe.
Mit einer Stunde 'Verspätung' hörte der Regen dann auf - und es begann zu schneien! Auf der nahen Straße fuhr sogar der Streudienst!
Ich blieb auf dem ausgewiesenen Weg und bog nicht zu der über 1200 Jahre alten Einsiedelei 'San Juan de la Pena' aus der Zeit der christlichen Reconquista in Spanien ab. Diese wirklich sehenswerte Stätte hatte ich bereits vor zwei Jahren besichtigt. Heute hätte es außerdem bedeutet: hinauf in den Schnee, denn ab halber Hanghöhe lag von heute Nacht/Morgen schon Schnee. Und die schöne Panorama -Rundsicht hätte ich heute bei den tief hängenden Wolken auch nicht gehabt.
Nach 15 km machte ich in 'Santa Cilia de Jaca' Pause. Der Schneefall hatte aufgehört, doch der kräftig kalte Wind blieb! Alles war verschlossen, Kirche, Bar und Bäckerladen. In einer windgeschützten Ecke machte ich Mittagpause.
Unterwegs kam ich an einer Stelle vorbei, da waren lauter Steinmännchen aufgebaut.
Andererseits gibt es auch hier (und nicht nur in meiner Heimatgemeinde) immer wieder Mitmenschen, die Schilder verunstalten müssen.
Der Wind hatte aber auch seine gute Seite; er vertrieb die Wolken. In 'Puente la Reina de Jaca' gab es neben der Tankstelle noch eine Kneipe; letztere steuerte ich an!
Nach einem kl. Bier ging ich die letzten 4 km an. Dazu musste ich auf einem Steig jedoch wieder von etwa 600 m auf über 800 aufsteigen.
In der 'Albergue de Arrés' SAGTE mir der Hospitalero auf Spanisch erst einmal, welche Regeln in "seinem Haus" gelten.
- Schuhe vor dem Haus ausziehen
- Wanderstock hier in den Eimer
- Rucksack hier auf den Stuhl
- ...
und dann sollte ich ALLES auch noch wiederhole, zum Zeichen, dass ich es verstanden hatte.
Ich war nicht ganz so schnell mit dem Repetieren, wie er sich das vorgestellt hatte, es war aber auch nichts Falsches dabei; so beließ er es damit und hieß mich herzlich "Willkommen".
Der ungeheizte (Männer)Schlafsaal hat 8 Betten, 4 sind belegt. Darüber gibt es einen genau so großen Aufenthaltsraum. Nebenan eine kleine Küche mit Eßtisch. Diesen Raum hätte die Gewerbeaufsicht bei uns schon längst geschlossen und beim Blick in den halb gefüllten Kühlschrank die sofortige Sprengung veranlasst!
Tja, andere Länder, andere ...
Ich habe zumindest einen Schlafplatz und dank wärmendem Schlafsack sowie Ohropax werde ich die Nacht in diesem Ort, der aus 5 Ruinen, einer ruinösen Kapelle, einem nicht funktionierendem Mobilnetz sowie einer Bar und eben dieser Herberge besteht, überstehen.
Genießen werde ich zumindest die Aussicht.

Tief haengende Wolken
Steinmaennchen
Kleiner Schlafsaal
Hinter dem Horizont

Freitag, 26. April 2013

Tag 76 - 26.04.2013

Canfranc - Jaca - 25 km - 1857 km

Am heutigen Tage ging es bergab; gelände- und wettermäßig. Start war in Canfranc, über den Wolken und dementsprechend bei wärmendem Sonnenschein. Den konnte ich auch gebrauchen, denn in der Herberge war es lausig kalt.Nach dem Ort brauchte ich nur noch der Markierung folgen, die hier in Spanien jetzt aus einem 'gelben Pfeil' besteht. Vorbei führte der Weg nahe am 'Torre de Fusileros' von 1592. Bald danach  brauste der größte Wasserfall (Barranco de Ip) für heute die hohen Schnee bedeckten Berge hinunter, ehe es galt, auf einer alten Pilgerbrücke (Puente de los Peregrinos) den Aragón zu queren. Der Fluß hat sich an dieser Stelle in eine schmale Klamm eingearbeitet, der Jakobsweg führt auf einem schmalen Pfad oh-oberhalb entlang (wer hier strauchelt, den reißt der Rucksack in die tosenden Fluten). Obwohl der Gesamtweg heute abwärts führt, sind dennoch zwischendurch immer wieder Anstiege zu bewältigen. Ich wähle auch die Alternativvariante durch Villanúa mit der folgenden Route links vom Río Aragón und komme so an der 'Gruta del Camino' vorbei. Zu weiteren Grotten und Dolmen, die etwas abseits des Weges den Berg hinauf liegen, laufe ich nicht extra hin.
Mittlerweile hängen die Wolken tief, eine Sicht auf die Bergspitzen ist nun nicht mehr möglich; es wird spürbar kälter, trotz Anstrengung.
Nach 'Castiello de Jaca' geht es kurzfristig wieder aufwärts. Hier ist der mittelalterlich Friedhof sehenswert. Kurz danach gilt es den Río Ijuvez in einer Furt zu überqueren. Früher gab es hier nur Trittseine, heute existiert eine Holzbrücke für Fußgänger.
Da der ausgeschilderte Weg nun oft auf Flußbettniveau verläuft, ist er schlammig und mit vielen Pfützen versehen; oberhalb war er extrem steinig/felsig und hier das Gegenteil.
Obwohl danach schon die ersten Häuser von Jaca auszumachen sind, zieht und windet sich der Weg. Nach der 'Ermita de San Cristóbal' sind es bis zur Zitadelle von Jaca dann nur noch 1 km, die Kathedrale von Jaca liegt fast daneben.
Übernachten möchte ich heute wieder einmal in einem Einzelzimmer (! - ohne weitere Schnarchnasen, das kommt wieder zu Genüge in den kommenden Tagen); im 'Hotel Jaques' wird mir mein Wunsch - sogar mit Pilgerrabatt - erfüllt.
Nach dem Einchecken erkundete ich die Stadt. Jeder lief zwar mit Regenschirm herum, doch obwohl es merklich kühler und auch windiger wurde, regnete es aus den tief hängenden Wolken nicht. Ich kaufte mir eine Stirnlampe ( ich hatte meine vor drei Tagen in der Herberge vergessen) und besichtigte die Kathedrale San Pedro. Jaca war einmal Bischofsitz für Aragón. Auch der Kirche 'de Santiago' von 1088 statte ich einen Besuch ab. Hier erhielt ich meinen obligatorischen Pilgerstempel und besorgte mir für den weiteren Weg noch gleich zwei 'Credenciales', so das mein Pilgerausweis bis Santiago reichen wird.
Auch fiel mir auf, dass man selbst in der kleinsten Kapelle keine echte Wachskerze mehr entzünden kann. Es läuft alles elektrisch. Für 20 Cent brennt eine Leuchtdiode, für einen ganzen Euro kann man so gleich 5 "Kerzen" aufflackern lassen.
Auf dem Weg zur Zitadelle passierte ich den 'Torre del Reloj', der den Stadtvätern auch einmal als Gefängnis diente und entdeckte so nebenbei das Restaurant/Hotel "Frankfurter - Alt Heidelberg".
Zum Abschluss des Tages füllte ich meine Speisekammer im Rucksack wieder auf, denn die kommenden zwei Tage geht es durch etwas einsamere Gegenden.
Ich komme gerade aus dem Lebensmittelladen heraus, wer grüßt da von der anderen Straßenseite? Genau, brauch ich also nicht zu schreiben. Mir war so, als ob sich 'el azuro' vergewissern wollte, ob "der deutsche Pilger" auch ja etwas einkauft.   ;-)
Festung Jaca

Donnerstag, 25. April 2013

Tag 75 - 25.04.2013

Urdos - Canfranc Estación - 26 km - 1832 km
Hinter dem Horizont
Anstrengend und zauberhaft schön, so könnte man den heutigen Tag zusammen fassen. Etwa zeitiger als sonst verließ ich die wunderschöne Herberge in Urdos. Es war keine Wolke am Himmel und die Schnee bedeckten Bergspitzen leuchteten hell. Ich nahm mir Zeit für diese Bergpassage. Der Weg führte einige Zeit entlang der Passstraße, ehe er links weiter in die Berge abbog. Wasserfälle und gut gefüllte Bachläufe waren oft am Wegesrand. Immer wieder genoß ich den Blick in die Berge.
Der letzte Abschnitt des Wanderweges hatte es in sich. Bis zum Knie versank ich an mehreren Stellen im Schnee. So beschloß ich, die erst beste Möglichkeit zu wählen, um auf die Passstraße zu kommen.
Auf dieser erreichte ich bei zunehmender Bewölkung den Pass. Ein Mitarbeiter der dortigen Straßenmeisterei machte ein Foto von mir - sonst war ich auf dem Pass alleine, wie auf dem ganzen Weg.
So, ab jetzt geht es wieder bergab und ich bewege mich in einer Region, die für mich lange nur (durch die Pyrenäen bedingt) hinter dem Horizont lag.
In der Pass-Albergue legte ich eine kleine Rast ein, ehe ich mich an den Abstieg machte. Auch hier wechselte ich bald auf die Straße, da es noch einige gefährliche Schneeüberhänge gab. Doch sah ich gleich das umgefahrenes Hinweisschild: "Vorsicht Pilger" - Wie werden die erst mit Pilgern 'verfahren'?
Wolken ziehen auf, die Sonne verschwindet.
In Canfranc Estación in der Albergue 'Pepito Grillo' ist heute "Endstation". Noch bevor ich den Bahnhof besichtigen kann, fängt es an zu regnen! Als ich in die kalte Herberge zurück komme, wer steht da, unfähig, meinen Gruß "Ciao amico mio" zu erwiedern: - 'mein Italiener'; so fertig ist er! Auf zwei Wanderstöcke gestützt sucht er noch Halt an der Eingangstür. Er hatte eine Station vor mir übernachtet, ist dann losgelaufen und hat bemerkt  - ich schaffe es nicht. Er hat dann für ein paar Kilometer den Bus genommen. Und die restlichen Kilometer gaben ihm wieder den Rest!
So schnarchen wir heute erneut in einem Zimmer um die Wette.

Mittwoch, 24. April 2013

Tag 74 - 24.04.2013

Sarrance - Urdos - 26 km - 1806 km
Umdisponiert habe ich heute, da sich der Wetterbericht bestätigt, den ich vor zwei Tagen schon einmal für beide Seiten der Pyrenäen konsultierte. Es soll Regen und einen kurzfristigen Temperatursturz geben!
Ursprünglich wollte ich durch diese Landschaft nicht so schnell hindurch, denn in diesem Tal kann man Urlaub machen, sofern man die Berge mag. Doch bei Regenwetter, tiefen Temperaturen und dann noch zu Fuß?
Am Morgen schon startete ich vom Kloster aus bei wolkenlosem Himmel im kurzärmligen Hemd. Angenehm warm war es und es sollte noch wärmer werden!
Da meine Lebensmittelvorräte etwas weniger geworden sind, wollte ich ..., doch in Borce hätte ich mir eine Zeitung kaufen können oder zum Frisör gehen. Beide hatten offen, doch der Lebensmittelladen: geschlossen und der Bäcker: zu!
Am Marktplatz hatte noch ein Café geöffnet. Also dort nur ein schwarzes, stark zuckerhaltiges Erfrischungsgetränk erstanden, die Kirche angesehen, auf einer kleinen Infotafel gelesen, dass Pierre Laclede, der Gründer der Stadt 'Saint-Louis' (Missuori) hier geboren wurde und weiter nach Accous. Den kleinen "Umweg" hätte ich mir sparen können. Dafür gab es in diesem Ort eine geöffnete Post. Und Käse wurde gerade verladen, einen Kleinlieferwagen voll mit großen Käselaiben.
Na gut, also weiter aus meinem Rucksack leben. Da noch genügend drin war, zumindest für den heutigen Tag, folgte ich dem Wanderweg GR653 weiter in Richtung Pass. Eigentlich schlenderte ich heute nur so dahin, blieb stehen, schaute mir die Berge und Hänge an und bewunderte die Geier, die im Aufwind oft minutenlang am Hang entlang flogen. Gelegen kam mir dann das Restaurant in Équestre - für eine "Trinkpause". Alleine (neben der Bedienung) - und absolute Ruhe in sonnigen Bergen. Urlaubsstimmung pur!
Als ich zum zweiten Mal gefragt wurde, ob ich nicht noch etwas trinken möchte, wußte ich, daß ich schon zu lange hier verweilte; also Rucksack, Stock und Hut aufnehme und weiter bis nach Cette-Eygun. Hier machte ich wieder Station und genoß in der Sonne den Blick in die z.T. schneebedeckten Berge.
Es half alles nichts. Ich durfte auch hier nicht ewig bleiben. Aber jetzt war es nicht mehr weit. Vorbei an dem immer noch bemerkenswerten 'Fort du Portalet' - und dann zogen sich doch noch die letzten Meter, zumal es immer bergauf ging!
Die seit 2010 existierende Pilgerherberge wird von einem jungen Ehepaar betrieben. Sie machen gleichzeitig die Post des Ortes und sind Besitzer einzigen, kleinen Lebensmittelladens, in dem ich (durch die Hintertür hinein geführt, da offiziell heute Nachmittag geschlossen), erst einmal das Gewicht meines Rucksackes erhöhte und auch für den Abend vorsorgte.
Nach den üblichen Pilgerritualen (Wäsche waschen, essen, ...) hatte ich noch die kleine Dorfkirche besichtigen können und sitze derzeit mit Blick auf die untergehende Sonne am "Ausruheplatz der Dorfrentner",
alleine!

Dienstag, 23. April 2013

Tag 73 - 23.04.2013

Arudy - Sarrance - 29 km - 1780 km
Am Nachmittag, als ich hier ankam, staunte ich beim Blick in die Bergkulisse wieder einmal - aber auch über mich. Wie weit meine Füße mich doch schon getragen haben?
Am Morgen zog "der Italiener" schon um 7 Uhr los. Ich wollte erst das Öffnen des Lebenmittelladens um 8 Uhr abwarten, da es mit Sicherheit unterwegs keine Möglichkeit geben wird, Proviant zu bunker. Und im Zielort = ?
So gegen halb neun war ich dann auch auf dem Weg, 19 km auf einer Teerstraße nach Lurbe. 18 km davon führte die schmale und kurvenreiche Straße durch hügelige Waldlandschaft. Alle 20 Min. etwa kam ein Auto, alle 30 Min. ein Radrennfahrer. Sonst war ich den ganzen Vormittag bei kaltem, wolkenverhangenem Himmel wieder alleine unterwegs. Die erste Zeit hörte ich nur das Rauschen der 'Gave d'Ossau' rechts unterhalb von mir sowie wieder die verschiedensten Vögel.
An der ehemaligen Hotelanlage (sie wird gerade wieder zaghaft renoviert) kam ich an einer heißen, schwefelhaltigen Quelle vorbei. Schon die Römer hatten sich diese Naturgegebenheiten zu Nutzen gemacht. Ruinen zeugen heute noch davon.
So, und nun schwenke ich südwärts Richtung Somportpass. Er war zwar nach den Straßenkilometerangaben noch 49 km entfernt, aber: zu Fuß bis hier her? Jetzt mußte selbst ich innehalten, tief Luft holen und mich schlichtweg erst einmal nur dankbar freuen.
Dabei fiel mir ein, was ich unlängst irgendwo gelesen hatte:
«Marcher, c'est respirer le vent, la plui, les arbres, les fleurs, et entrer en communion avec le vivant.» Wie wahr!
"Hunde-Angriff"
Auf meinem weiteren Weg passierte ich ein paar einzelne Gehöfte. An einem solche kam mir irgend ein Mischlingshund entgegen, der scheinbar im Kuhstall seine Bleibe hat; so zumindest sah er aus. Er bellte nicht, sondern begann sich wie ein nasser Hund zu schütteln, als ich seine Höhe erreichte. Ich dachte laut in seine Richtung: "die Flöhe behälst du besser bei dir" ( denn ich bin so ein "Einfangspezialist").
Er stellte den Kopf nur quer, musterte mich, weiterhin ohne zu bellen. Das hätte mich stutzig werden lassen sollen (Hunde, die bellen, beißen nicht! Hunde, die nicht bellen ...). Nach gut 10 m kam mir das ganze doch etwas komisch vor. Ich drehte mich um und sah - den Hund immer noch so da stehen, mit leicht schräge Kopfhaltung. Na gut, dachte ich und ging weiter, jedoch keine 5m mehr, denn da hatte der kleine "Wadelbeißer" mich an selbiger. Lautlos und arglistig war er von hinten heran gestürmt. Da mein Bein gerade in der beginnenden Vorwärtsbewegung war, blieben seine Zähne nur noch in der Hose hängen und hinterließen dort ihre Spuren. Ohne ein Laut von sich zu geben, zog er von dannen; und sein Schwänzchen wedelte vor Erfolgsfreude.
Jetzt brauchte ich erst einmal eine Ruhepause. Ich ging um die nächste Kurve und wer saß da total erschöpft: "mein Italiener"!
Er freute sich, "den Deutschen" zu sehen (SCHWARZe Hose, ROTe Jacke und GELBer Regenschutz über dem Rucksack)! Er war vom Hund verschont geblieben -  hatte sicherlich auch keine dumme Bemerkung gegenüber dem Hund geäußert.
Um künftigen Atacken abzuwehren (er läuft mit Stöcken) wollte er vorgehen, merkte jedoch bald, dass ich schneller bin und bat mich vor. Keine 10 Schritt weiter und auf dem steinigen Weg lag eine Viper und sonnte sich. Ich stoppte rechtzeitig und gab ihr die Chance zu fliehen. Tja, als wenn er es gewusst hätte!
Müde erreichten wir das Kloster in Sarrance, das für uns Pilger Übernachtungsstätte sein wird. Während mein Begleiter sich Eis aus dem Kühlschrank holte (für seine Beine), besichtigte ich die Kirche, das Kloster und den kleinen Ort, in dem natürlich alles verschlossen war.
Getreu dem Spruch: «Wenn du glücklich leben willst, dann reise mit zwei Taschen; eine für's nehmen, die andere für's geben» packte ich wieder einmal aus, was in meiner "Tasche" so alles drin war und zauberte für uns zwei ein Vier-Gänge-MENU (incl Wein!).

Montag, 22. April 2013

Tag 72 - 22.04.2013

Asson - Arudy -  19 km / 1751 km
Wieder ein geschenkter Tag!
Bei frühlingshaften Temperaturen ging ich heute als letzter los. Ricardo, den Italiener, traf ich schon nach einer Stunde - wir haben beide vor, Richtung Somportpass zu gehen und nicht nach SJPdP. Die Dame zog nach Norden weiter.
Da heute, am Montag, die Geschäfte nur vormittags offen haben, versorgte ich mich noch in einem kleinen Laden mit Getränken, Obst, Brot, ...! Das machte den Rucksack nicht gerade leichter, aber Hunger zu haben ist derzeit schlimmer als Heimweh. Die Übernachtung war auch gesichert, so dass einem unbeschwertem Tag nichts im Wege stand. Und so kam es auch! Es waren zwar nur "wenige" Kilometer heute, doch anstrengende Steigungspassagen zwischendurch. Ricardo kam ganze 2 Stunden nach mir an. Setzte sich erst einmal nur in eine schattige Ecke, kramte aus seinem Rucksack eine Schmerz stillende Salbe hervor und rieb sich damit die Füße bis zu den Knien ein.
Da hatte ich schon meine Wäsche gewaschen, gegessen, die Kirche bzw. den kleinen Ort erkundet und macht mir gerade einen Kaffee.
Buchsbaum begleitete mich auch an diesem Tag; ist mittlerweile ja nichts Neues mehr, aber in den Vorgärten der Häuser wuchsen auch Palmen, Bananen und überall blühte es.
Ich kam mir wie im Urlaub vor - idyllisch einsam mit Blick auf grüne Hügel und Täler sowie die dahinter herausragenden, schneebedeckten Berge.
Ich blieb heute manches mal stehen - natürlich, damit sich auch meine Atemfrequenz wieder normalisieren konnte -, hauptsächlich jedoch, um die Natur "abspeichern" zu können; mit den Augen!
Bruges war meine erste Station. Die Wehrkirche in dem Bastidenstädtchen verschlossen, der Marktplatz nicht sehenswert, zumal die Hauptstraße ihn diagonal quert.
Danach hin es hinein in die pure Natur. Überall kreisten Greifvögel, ab und zu ein einzelnes Gehöft. Grüne Wiesen, oft über und über mit Margeriten, darüber verschiedene Schmetterlinge. Nach dem Anstieg zu Ste. Colome hatte ich rückblickend eine weite Sicht auf das flache Land der Vorpyrenäen und die erste Hügelkette. Danach ging ich abwärts nach Arudy und zur Pilgerherberge. Ein Pfarrer stellt in diesem Ort sein gesamtes, grosses Pfarrhaus Pilgern als Unterkunft zur Verfügung (gegen eine Spende). Gemeinsam gekocht und gegessen wird dann ab 19.00 Uhr.
Ein Foto zeigt den abendlichen Blick aus meinem Zimmer Richtung Kirche.

Sonntag, 21. April 2013

Tag 71 - 21.04.2013

Lourdes - Asson - 25 km - 1732 km
Bei Sonnenschein, aber nur zwei Grad, startete ich. Die "Händeaufhalter/-innen" hatten schon ihre Plätze eingenommen, Busse entließen scharenweise wallfahrende Gruppen und einige Souvenierläden hatten auch schon geöffnet.
Ich querte noch einmal den "Heiligen Bezirk", ehe ich auf der GR 78 dem Fluß Gave folgend westwärts ging. Ich war wieder allein; nur das Gurgeln und Plätschern des Wassers und verschiedene Vogelstimmen waren zu hören. Dort, wo der schonhin spärliche Waldbewuchs noch lichter wurde, blühten verschiedene Blumen, auch Orchideen.
Nach ca. 10 km meldete sich  spontan mein Knie und forderte eine Pause. Bis St. Pé de Bigorre schaffte ich es, mit einzelnen Zwischenstopps. Hier wollte ich mir die Kirche des ehemaligen Klosters ansehen und dann Pause im Café machen. Beide waren verschlossen, das Café stand sogar zum Verkauf an. Zum Glück gab es am Ortsausgang noch einen Lebensmittelladen, der heute, Sonntag vormittag, offen hatte - und gegenüber eine Bushaltestelle, weil sich nebenan die Schule des Ortes befindet.
's schon ein hartes Pilgerlos; Sonntag und Pause im Bushäuschen, hier gab es zumindest eine Sitzbank!
Danach "ging" das Knie wieder!
Ihm und mir ersparte ich den Aufstieg auf den Calvarienberg in Bétharram (hätte nämlich auch wieder steil herunter gemusst). In Lestelle-Bétharram konnte ich die Kirche 'Saint Jean Baptiste' aus dem XVIII. Jahrh. besichtigen (siehe Foto). Von der ehem. Bastide ist nicht viel übrig geblieben. Wieder einmal waren Religionskonflikte daran schuld.
In Asson an der Herberge angekommen, in der ich mich gestern telefonisch angemeldet hatte (Schlüssel sei beim Nachbarn!), klingelte ich bei sämtlichen drei Nachbarn. Einer wusste nichts, die anderen waren ebenfalls nicht zu Hause. Ich wartete, suchte in meinen Unterlagen nach Alternativen und fand eine in 6 km. Als ich dort anrufen wollte - kein Handynetz! Also lief ich die Straße rauf und runter und fiel dabei einem jungen Mann auf. Wir kamen ins Gespräch und da stellte sich heraus, dass der Herbergsschlüssel bei seiner Mutter sei, diese jedoch bei Freunden zum Essen.
Es dauerte noch einige Zeit, dann kam er mit dem Schlüssel; ich zahlte und hatte eine Bleibe (Selbstversorger) für die Nacht nach kumm. 1350 Höhenmeter. Kurze Zeit später kamen unangemeldet nacheinander eine Französin und ein Italiener, beide ließ ich generös herein. Erschöpft sanken sie am Tisch zusammen. Der eine hatte auf einen Geldautomaten gehofft, damit er sich hier etwas kaufen kann. In beiden Fällen Fehlanzeige. Die andere schluckte erst zwei Schmerztabletten, um dann noch eine Runde in dem Ort zu drehen, ob es nicht doch ein offenes Restaurant oder eine Pizzeria geben würde.
Nach 10 Min. war sie zurück - sie hatte ALLE Straßen im Ort abgelaufen. Nichts!
Na, dann packte ich halt mal alles auf den Tisch, was ich dabei hatte, incl. Schokolade!

Samstag, 20. April 2013

Tag 70 - 20.04.2013

Tarbes - Lourdes - 25 km - 1707 km
Bei nur leichter Bewölkung und kalten Temperaturen startete ich gen Süden. Die Betriebsamkeit der Stadt begann gerade zu erwachen.
Ich musste die komplette Stadt durchqueren, da die Jugendherberge ganz im Norden liegt.
Außerhalb von Tarbes traf ich wieder auf den Fluß "l'Echez", dem ich gestern schon eine Weile folgte. Zuerst war die Region nur flach, landwirtschaftlich geprägt, dann begannen jedoch einige bewaldete Hügel. Ich lief einige Zeit noch an einem Bahndamm entlang, unterquerte ihn und sah dann auch schon die Stadt. Lourdes, eine der meist besuchten röm.-kath. Wallfahrtsstätten.
In Lourdes scheint es mehr Hotels und Pensionen zu geben als Wohnungen für Einheimische. Letztere fand ich vor den viele Devotionalien-Läden stehend, frierend und darauf hoffend, daß jeder Wallfahrer auch ja ein Mitbringsel für sich und die Verwandschaft kaufen wird. Zudem sitzt an jeder Straßenecke irgend so eine traurige Gestalt (auch Kinder) und hält entweder die ausgestreckte Hand oder gar einen Plastikbecher in die vorbei defilierende Menschenmenge. "Animateure" vor den Restaurants preisen lautstark ihr Menue- und Kaffeeangebot an, während Reisegruppenleiter Fähnchen in Landesfarben, große nummerierte Pappblumen oder gar Regenschirm schwenken und immer wieder zum Weitergehen und Zusammenbleiben rufen. Und dann kommt noch ein großer Reisebus durch die enge Gasse, obwohl er mit seinen Insektenfühlern ähnlichen Rückspiegel gar nicht an den Auslagen und Sonnenmarkiesen vorbei kommt.
Selbst im "Heiligen Bezirk" geht es geschäftig zu. Fläschen und Behältnisse für das "Lourdes-Wasser" werden angeboten und "Aufpasser" müssen ständig die Erwachsenen ermahnen, doch bitte etwas mehr Ruhe walten zu lassen. Während eine vor der Marienfigur von 1864 sich in Pose stellt, andere das gerade per Tablett geschossene Foto versendet, telefonieren widerum andere, ob es schon angekommen ist. Jeder in einer anderen Sprache und Lautstärke, als ob er in eine "Flüstertüte" hinein rufen müßte.
Und dann der laute Ruf des Gruppenleiters zum Sammeln, da man ja noch weiter will.
"Aber: ich habe noch keine Kerze ...!" "Ja, schnell, aber für ein Gebet haben wir keine Zeit mehr". Selbst die Kerzen, die u.a. für ein "verlängertes Gebet" angezündet sind, werden nach nur kurzer Brenndauer wieder entfernt, um Platz für neue zu schaffen. (Einige werden dennoch aufgehoben und in der Winterzeit angezündet, wenn weniger Wallfahrer kommen, sagt man.)
Eigentlich wollte ich hier einen Tag Rast einlegen, doch bietet die Stadt selbst nicht viel außer dem "Heiligen Bezirk" mit der Basilika - und seinem Trubel davor. So werde ich morgen weiter pilgern.
Alleine! -
Dennoch; ob Wallfahrer oder Pilger, diese Stätte an sich "hat etwas", "bietet etwas" und hinterläßt - zumindest bei mir - wieder einmal einen tiefen Eindruck.
Insbesondere wenn man sieht, wie viele Menschen den Weg im Rollstuhl hier her gefunden haben, und ich durfte ihn GEHEN und dabei noch so viel erleben.

Freitag, 19. April 2013

Tag 69 - 19.04.2013

Maubourguet - Tarbes - 29 km - 1653 km
Diesen Tag muß man wettermäßig erlebt haben, sonst glaubt man es fast nicht. Kalt war es am morgen, bitter kalt. 5 Grad, leicht windig und - es regnete! So kam meine kompette Winterbekleidung wieder zum Einsatz (außer den Handschuhen), und dabei hatte ich schon vor drei Tagen bei +32 Grad überlegt, was ich alles aus meinem Rucksackfundus nach Hause schicken könnte.
Tief hingen die Wolken und genau so mein Kopf; alles war diesig, nebelig. Die Sicht vielleicht ein bis zwei Kilometer. Immerhin! Lustlos stapfte ich vom Campingplatz los. Hier hatte ich in einem Mobilhome übernachtet. Südwärts führte mich der Weg durch Felder, mehr oder weniger parallel zur Nationalstraße.
Vic-en-Bigorre streife ich nur am Rande (Industriegebiet), alles andere hätte heute nur einen Umweg bedeutet. Zum Ausruhen und die Landschaft auf sich wirken zu lassen war mir auch nicht zu Mute. Ich behielt es dann lieber beim Gehen und Denken. [Marcher, c`est poser ses pieds sur ses pensés.]
Hinter Pujo ging ich einige Zeit am 'Canal de Moulin' entlang, auch passierte ich eine Pferderennbahn. Aber sonst waren die einzigen Abwechselungen in den ersten Wanderstunden die stets langsam sich austauschenden Felder und die Niederschlagsintensitäten. Mit der Zeit wurde es unter dem Poncho genau so feucht wie außerhalb. Mein Wunsch nach einer warmen Badewanne wurde immer sehnlicher; eine warme Dusche (man ist ja bescheiden) würde auch reichen.
Petrus hatte scheinbar Mitleid mit dem missmutig nassen Pilger. Nach einem auffrischenden Wind, der an meinem Pocho zerrte, hörte der Regen kurz nach Mittag auf. Die Sicht wurde innerhalb weniger Minuten wesentlich besser und zwischen den dunklen Wolken kamen sogar einzelne Sonnenstrahlen hindurch. Es wurde auch merklich wärmer. Dafür sah ich nun die zersiedelte Landschaft, einzelne Industrieanlagen, Lager, Verkaufsstätten; mitten im Feld. Das nördliche Industriegebiet von Tarbes begann schon weit vor der Stadt, nur parallel der Nationalstraße, auch mit Einkaufsmärkten wie Aldi und Lidl.
Auf der "Schlussgeraden" hatte ich dann auch wieder freie Südsicht  -  auf die Pyrenäen.
In der Jugendherberge von Tarbes checkte ich ein. Ich bekam ein Zimmer im 4. Stock zugewiese (zum Glück gab es nach fast 30 km zu Fuß dafür einen Aufzug!) - mit Aussicht auf die Pyrenäen.

Donnerstag, 18. April 2013

Tag 68 - 18.04.2013

Marciac - Maubourguet - 18 km - 1653 km
Heute folgte wieder einmal eine kürzere Etappe. Der Wetterbericht hatte Regen für den Nachmittag gemeldet, doch das es gleich ein solcher Wetterumschwung werden sollte!
7 Grad waren es nur am Morgen, als ich den Markplatz von Marciac (siehe Foto) querte. Dunkle Wolken zogen rasch über das hügelige Land und spornten mich an, diese Etappe etwas schneller zu laufen.
Kaum war ich aus der Stadt draußen, hatte ich den ersten Anstieg zu bewältigen. Folge: meine Jacke konnte ich erst einmal verstauen. Als ich den Rucksack zum Anziehen wieder aufhob, bemerkte ich, wie eine "kleine" Schlange darunter gerade rasch davon schlängelte. Auf dem nahen Weg sah ich dann ein ähnliches Exemplar, nur kleiner und "unbeweglich". (siehe Foto)
Zwei weitere kurze Anstiege lagen noch vor mir. Am Ende des Tages waren es zusammen etwas mehr als 800 Höhenmeter.
Versteckt zwischen den bewaldeten Hügeln gab es Wiesen, in denen Orchiden blühten. (siehe Foto).
Nach Auriébat wurde das Land flach. Bauern pflügten ihre großen Felder. Trocken erreichte ich Maubourguet und sah am Marktplatz einmal ein "anderes" Kirchengebäude (siehe Foto) - und ein Lokal. Da es Mittagszeit = Essenszeit war und ich hungrig, legte ich dort meinen Rucksack ab und gönnte mir ein super schmeckendes Vier-Gänge-Menu. Für 12 €, incl. einem halben Liter Rotwein!   ;-)

Mittwoch, 17. April 2013

Tag 67 - 17.04.2013

L'Isle de Noé - Marciac - 32 km / 1635 km
32 Grad im Schatten -  32 km, das sagt alles für den heutigen Tag.
Hätte ich das gewusst, ich wäre früher am Tag losgelaufen. Aber ich startete erst gegen 09:00 Uhr und lief somit voll in die Mittagshitze hinein, hatte am Etappenende sogar kumm. 980 Höhenmeter noch hinter mich gebracht und 5 km vor Marcia meinen Wasservorrat ausgetrunken.
In Montesquiou wollte ich meinen Vorrat wieder aufstocken. Doch außer ein paar Dosen, Brot, Yoghurt, sowie ein bisschen Obst/Gemüse und kalten Getränke hatte der Miniaden nichts; der ehemalige Lebensmittelladen drei Häuser weiter hatte schon vor zwei Jahren dicht gemacht.
Und um das Preisgefüge zu verstehen: ein Kilo Bananen kostete 2,85€.
So kaufte ich nur etwas zu Trinken (zum Glück) und machte erste Pause mit dem, was ich noch im Rucksack dabei hatte.
Der Weg war auch auf Grund seiner Beschaffenheit schwer zu gehen. Extrem kalkhaltig glich der Boden in den Wegsenken dem Inhalt einer Speisbütt mit frisch geklöschtem Kalk. An einer Stelle wollte ich über die Wiese ausweichen, doch diese umgrenzte ein Elektrozaun. Da keine Kühe sichtbar waren, wagte ich das Übersteigen.
Ich zog einen Halterungsstab aus dem Boden, so daß ich meine Füße nicht so hoch heben musste. Und dennoch: irgendwie reichte es nicht. Den Draht im Schritt rutschte mir der Stab aus der Hand und schnellte nach oben. - wie bei Tom und Jerry: mich durchzuckte ein Stromschlag, der mich mit Rucksack samt zweitem Bein über den Elektrozaun "zucken" ließ. Da war mindestens Drehstrom drauf! "Tom's" Augen hätten gefunkelt, er hätte alle Sterne strahlen sehen und sein Fell hätte gequalmt  -  mir zuckte nicht nur der  Arm noch eine Viertelstunde spaeter.
Die Vorsicht, die ich walten ließ (ich musste ja wieder zurück) kann sich jeder bildlich ausmalen.
In St. Christaud ging ich diesmal nicht zur Kirche, sondern zum Friedhof. In Frankreich hat normalerweise jeder Friedhof Trinkwasser. Hiermit kühlte ich meine hohe Betriebstemperatur, um die letzten Kilometer zur nächsten Auberge in Marciac zu schaffen.
Diese Stadt wurde 1298 gegründet und war einmal von Mauer und Stadtgraben umgeben. Diese Stadt ist auch nach dem  Prinzip der "Bastiden" gebaut  - Straßen alle im rechten Winkel, in der Mitte ein großer Platz,  die Häuser, die diesen direkt umgeben haben Laubegänge. Ende des 15. Jahrhunderts gab es in dieser Stadt vier Hospize für Pilger.
In den Sommermonaten findet in diesem Ort ein großes Jazz-Festival statt.

Dienstag, 16. April 2013

Tag 66 - 16.04.2013

Auch - L'Isle-de-Noé - 21 km - 1603 km
Es war diesig, als ich die Stadt verließ und es blieb den ganzen Tag so. Ich hielt mich nicht an den im Zick-Zack-Kurs ausgeschilderten Wanderweg GR 653, sondern wählte mehr oder weniger den direkten Weg. Die vielen Kilometer von gestern steckten noch in mir. Erst ab der frühen Mittagspause fanden die Füße ihren eigenen Takt wieder.
Nachdem ich die Stadt verließ, war ich bis zum heutigen Etappenziel mit mir und der Natur alleine. So hatte ich Zeit und viel Gelegenheit, dem Treiben der Schmetterlinge zu zusehen, dem Trällern der Lerchen zu zuhören, Hasen und Fasane aufzuscheuchen (die waren genau so erschrocken wie ich), ... und und und. Ich passierte einige verlassene Bauernhöfe, in denen die Natur anfängt, alles zurück zu erobern, zu zuwuchern - aber mit den Blumen und rankenden Gewächsen der ehemaligen Bewohner; Bio-Naturgärten so zu sagen.
Und dennoch: alle Felder waren bestens bestellt; ab und zu zog man sogar Erdbeeren. Und "Fleckvieh" stand wieder auf den saftigen Weiden.
Der Ort ist klein, in dem ich heute schlafen werde; nach einem Rundgang von 10 Min.  hat man alles gesehen, von ehemaliger Mühle, verschlossener Kirche und dem was von dem Schloss aus dem XVIII. Jahrh. übrig geblieben ist. Und: es funktioniert kein Handynetz!
Der Ort hieß früher einmal L'Isle de Arbéchan und hatte u.a. ein Hospiz für Jakobspilger.
Das Château war 1776 die Residenz von Louis Pantaléon de Noé, dessen Nachfahren auf den Antillen in Sklavenhaltung involviert waren, später auch in der franz. Revolution. Als das Schloss 1975 der Gemeinde vermacht wurde (man konnte es finanziell nicht mehr halten), änderte die Gemeinde daurauf hin ihren Namen  -  zum Dank.
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