Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Dienstag, 23. April 2013

Tag 73 - 23.04.2013

Arudy - Sarrance - 29 km - 1780 km
Am Nachmittag, als ich hier ankam, staunte ich beim Blick in die Bergkulisse wieder einmal - aber auch über mich. Wie weit meine Füße mich doch schon getragen haben?
Am Morgen zog "der Italiener" schon um 7 Uhr los. Ich wollte erst das Öffnen des Lebenmittelladens um 8 Uhr abwarten, da es mit Sicherheit unterwegs keine Möglichkeit geben wird, Proviant zu bunker. Und im Zielort = ?
So gegen halb neun war ich dann auch auf dem Weg, 19 km auf einer Teerstraße nach Lurbe. 18 km davon führte die schmale und kurvenreiche Straße durch hügelige Waldlandschaft. Alle 20 Min. etwa kam ein Auto, alle 30 Min. ein Radrennfahrer. Sonst war ich den ganzen Vormittag bei kaltem, wolkenverhangenem Himmel wieder alleine unterwegs. Die erste Zeit hörte ich nur das Rauschen der 'Gave d'Ossau' rechts unterhalb von mir sowie wieder die verschiedensten Vögel.
An der ehemaligen Hotelanlage (sie wird gerade wieder zaghaft renoviert) kam ich an einer heißen, schwefelhaltigen Quelle vorbei. Schon die Römer hatten sich diese Naturgegebenheiten zu Nutzen gemacht. Ruinen zeugen heute noch davon.
So, und nun schwenke ich südwärts Richtung Somportpass. Er war zwar nach den Straßenkilometerangaben noch 49 km entfernt, aber: zu Fuß bis hier her? Jetzt mußte selbst ich innehalten, tief Luft holen und mich schlichtweg erst einmal nur dankbar freuen.
Dabei fiel mir ein, was ich unlängst irgendwo gelesen hatte:
«Marcher, c'est respirer le vent, la plui, les arbres, les fleurs, et entrer en communion avec le vivant.» Wie wahr!
"Hunde-Angriff"
Auf meinem weiteren Weg passierte ich ein paar einzelne Gehöfte. An einem solche kam mir irgend ein Mischlingshund entgegen, der scheinbar im Kuhstall seine Bleibe hat; so zumindest sah er aus. Er bellte nicht, sondern begann sich wie ein nasser Hund zu schütteln, als ich seine Höhe erreichte. Ich dachte laut in seine Richtung: "die Flöhe behälst du besser bei dir" ( denn ich bin so ein "Einfangspezialist").
Er stellte den Kopf nur quer, musterte mich, weiterhin ohne zu bellen. Das hätte mich stutzig werden lassen sollen (Hunde, die bellen, beißen nicht! Hunde, die nicht bellen ...). Nach gut 10 m kam mir das ganze doch etwas komisch vor. Ich drehte mich um und sah - den Hund immer noch so da stehen, mit leicht schräge Kopfhaltung. Na gut, dachte ich und ging weiter, jedoch keine 5m mehr, denn da hatte der kleine "Wadelbeißer" mich an selbiger. Lautlos und arglistig war er von hinten heran gestürmt. Da mein Bein gerade in der beginnenden Vorwärtsbewegung war, blieben seine Zähne nur noch in der Hose hängen und hinterließen dort ihre Spuren. Ohne ein Laut von sich zu geben, zog er von dannen; und sein Schwänzchen wedelte vor Erfolgsfreude.
Jetzt brauchte ich erst einmal eine Ruhepause. Ich ging um die nächste Kurve und wer saß da total erschöpft: "mein Italiener"!
Er freute sich, "den Deutschen" zu sehen (SCHWARZe Hose, ROTe Jacke und GELBer Regenschutz über dem Rucksack)! Er war vom Hund verschont geblieben -  hatte sicherlich auch keine dumme Bemerkung gegenüber dem Hund geäußert.
Um künftigen Atacken abzuwehren (er läuft mit Stöcken) wollte er vorgehen, merkte jedoch bald, dass ich schneller bin und bat mich vor. Keine 10 Schritt weiter und auf dem steinigen Weg lag eine Viper und sonnte sich. Ich stoppte rechtzeitig und gab ihr die Chance zu fliehen. Tja, als wenn er es gewusst hätte!
Müde erreichten wir das Kloster in Sarrance, das für uns Pilger Übernachtungsstätte sein wird. Während mein Begleiter sich Eis aus dem Kühlschrank holte (für seine Beine), besichtigte ich die Kirche, das Kloster und den kleinen Ort, in dem natürlich alles verschlossen war.
Getreu dem Spruch: «Wenn du glücklich leben willst, dann reise mit zwei Taschen; eine für's nehmen, die andere für's geben» packte ich wieder einmal aus, was in meiner "Tasche" so alles drin war und zauberte für uns zwei ein Vier-Gänge-MENU (incl Wein!).

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Lieber Herr Bartl,
langsam wird mir Angst und Bange ums Sie: Bissige Hunde, Schlangen, Italienier, die Ihnen die Vorräte wegfressen, mitten in den Pyrenäen - da fehlen nur noch die Wölfe und die wilden Bären. Das kann nur in Santiago die Compostella enden.
Ich habe letzte Woche in St. Georg eine Kerze für Sie angezündet.

Alles Gute
Willi Endisch

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