Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Sonntag, 8. September 2013

Tag 211 - 08.09.2013

Joinville - Gondrecourt-le-Château - 35 km - 2115 km (r) - 4958 km (g)
Es nieselte, als ich kurz nach sieben das Pfarrhaus verlies. Ich war heute so früh, da ich wieder einmal eine etwas längere Strecke unter die Wandersohlen bringen musste. Die kommende Region ist extrem dünn besiedelt und Übernachtungsmöglichkeiten sind so gut wie keine vorhanden.
Ich ging die von mir per Landkarte und GPS ausgesuchte Wegstrecke, denn an dem offiziell ausgeschilderten Fernwanderweg war entweder die einzige Zwischenunterkunft belegt oder - obwohl sie im neuesten Prospekt (2013) der Touristeninfo von Joinville sogar mit Bild werben, angeblich noch nicht fertig. So musste ich etwas umplanen, aber diese Variante hatte ich bei meinen Vorbereitungen zu dieser Gegend schon mit einkalkuliert.
Der Weg durch Wald und Feld zog sich und erst nach drei Stunden hörte der Regen auf. Ich konnte zwar den Regenumhang ausziehen, doch seit Wochen, nein Monaten, musste ich wieder eine wärmende Jacke anziehen. In 'Mandres' legte ich, am ehemaligen Waschhaus, eine erste größere Pause ein, ehe ich durch das weite Land weiter zog.
Erst hörte ich einen rufen: "Ho, ho, -ho"! Es wird doch nicht der Nikolaus schon üben, dachte ich noch so scherzhaft bei mir, doch dann waren da noch andere Stimmen, die im Wald, dessen Rand ich gerade passierte, 'heeeii' riefen.
Ich wollte es mir gar nicht vorstellen, wo ich da gerade hindurch ging, hatte ich zum Glück aber die leuchtend rote Jacke an und meinen gelben Regenschutz vom Rucksack war auch nicht zu übersehen. "Was machen Sie denn hier? Wie kommen Sie denn hier her?" fragte mich plötzlich ein Waidmann, der mit Gewehr und leuchtend roter Binde um Hut und Ärmel aus einem Gebüsch trat. Noch ehe ich antworten konnte, riss er seine 'Büchse' hoch, die er so lässig über dem Vorderarm abgelegt hatte, drehte sich rasch Richtung offenes Feld und - schoss.
Denn, fast zeitgleich mit unserer einseitigen Konversation lief laut 'gackernd, glucksend' ein Fasan aus dem Dickicht und versuchte, den Laufschwung ausnutzend, abzuheben. Es gelang ihm auch und er flog, doch nach dem Schuss waren es nur noch ein paar seiner Federn, der Fasan selbst setzte im Sturzflug zur abrupt unfreiwilligen Landung an.
"Hier ist jetzt Treibjagd", erklärte mir der Schütze. Ich solle schleunigst den Waldrand Richtung Landstraße verlassen und diese nicht mehr bis in den nächsten Ort. So tat ich es und bemerkte dann auch das aufgestellte Schild für die, die von der Landstraße den Feldweg nutzen wollen. Nur für die, die von hinten her kommen könnten, so wie ich, da war rein gar nichts.
Mitten im Feld entdeckte ich dann diese Skulptur (Foto). Sie hatte sicherlich früher eine 'bewegende' Bedeutung, doch heute - wie so vieles hier - bedeutungslos, verfallen, aber in seinem Zustand  von den Einheimischen akzeptiert, tolleriert. Auch in dieser Region gibt es mehr unbewohnte als bewohnte Häuser; in den meisten sind die Gardienen seit Jahren nicht mehr gewaschen, seit einem Jahrzeht oder noch viel länger nicht mehr wegen eines neugierigen Blickes nach draußen auf die Seite geschoben worden.
Müde, abgekämpft und hungrig erreichte ich meinen Übernachtungsort 'Gondrecourt'. Ich steuerte das Hotel / Restaurant in der Ortsmitte an. Zu essen gab es nichts! "Sonntag machen wir keine Küche", erklärte mir die Wirtin. So blieb es halt nur bei einem nahrhaften Getränk. Zwei Straßen weiter hatte ich im 'Chambres d'Hôtes' gebucht. ** standen auf dem Werbeschild. Die 'Herbergsmutter' hätte auch meine sein können; alleine versucht sie, das Etablissement am Laufen zu halten und so lange sie dies hier macht, so lange ist hier nichts gemacht worden! Aber immerhin: ich habe in der Einöde eine Bleibe für diese Nacht gefunden, wo ich meine Beine hoch legen und die mitgeschleppte Verpflegung im Trockenen essen kann, denn mittlerweile fing es wieder an zu regnen.

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