Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Sonntag, 4. August 2013

Tag 176 - 04.08.2013

Roquefort - Captieux - 34 km - 1204 km (r) - 4027 km (g)

Solch einen Weg wollte ich unter solchen Bedingungen nicht noch einmal laufen!

Mit dem Besuch der Kirche in Roquefort startete ich am zeitigen Morgen meine Tagesetappe. Die 'Église Notre-Dame de l'Assomption' aus dem 12. Jahrh. wurde später zur Wehrkirche ausgebaut. Wenige Fenster bedeuten gleichzeitig auch eine dunkle Kirche. (Foto). Außerdem roch sie extrem muffig nach Moder. Kurzum: rein und schnell wieder hinaus. Irgendwie passte sie zu dem Eindruck, den ich gestern von dem durchwanderten Teil der Stadt gewonnen hatte. Ich wollte hier so schnell wie möglich weiter, doch dazu musste ich zuerst der Ausfallstraße ein ganzes Stück folgen ("zu verkaufen", "zu vermieten" waren die meisten Beschrifungen an dieser Straße). Und dann kam NICHTS, 8 lange Kilometer nichts außer Kiefern, Eschen, Adlerfarn und Heidekraut auf Sandboden. Ach ja, doch; einmal überquerte ich die Autobahn auf einer schmalen Teerpiste. Es wurde warm; mittlerweile waren keine Wolken mehr am Himmel und kein Lüftchen regte sich. Ich freute mich auf 'Retjon'. Hier soll sich nicht nur eine Kilometerstele, sondern auch eine Bar befinden. Erstere fand ich (Foto), zweitere auch (Foto), doch sie hatte geschlossen! Zum Glück gab es nicht weit der Kirche eine WASSERzapfstelle. Ich füllte all meine Vorratsbehälter auf und las dabei, das an diesem Wochenende an der 'Chapelle Notre-Dame de Lugaut' ein Fest stattfindet. "Aha, der Wirt der Bar macht wohl heute dort seine Geschäfte", dachte ich mir, als ich mich Richtung Chapelle ... aufmachte (sie lag auf meiner Route).
Wieder nur durch die selbe Sandlandschaft wie vorher.
Vom Programmablauf des 'Dorffestes' an der Kapelle war man gerade beim 'Essenfassen' angelangt, als ich mich den wartenden Menschenreihen vor dem großen Küchenzelt näherte. Ich wollte nur etwas Flüssiges, etwas Kaltes. Leise Lautenmusik klang aus den über dem Festplatz verteilten Lautsprechern. Selbst die Zykaden waren momentan nicht zu hören, sonst seit drei Tagen meine permanente Begleitmusik.
Nach einer kurzen Rast besichtigte ich die rudimentär erhalten gebliebenen Wandmalereien der Kapelle, die schon im 12. Jahrhundert am Jakobsweg lag, ehe ich weiter zog; weiter wieder nur durch diese Sandheide!
Auf einer ehemaligen Bahntrasse (ohne Schienen und Holzschwellen) ging ich mehr als eine Stunde nur schnurgerade aus; aufgrund der Unebenheit des Sandbodens, der Zweige, die in den mit Sicherheit seit Jahren nicht mehr gepflegten, aber immerhin ausgeschilderten Fernwanderweg GR 654 hinein reichten und der in der stehenden Hitze herum schwirrenden Insekten machte diese Wegstrecke gar keinen Spaß. Lag es an diesen Umständen, oder an der Hitze bzw. so allein durch NICHTS zu laufen; ich sah mich im nächsten Ort, in 'Bourriot-Bregonce', im Schatten einer Terasse vor einer Bar sitzen. Dieser Wunschgedanke ließ meine Wandergeschwindigkeit nicht langsamer werden. So passierte ich immer noch schnellen Schrittes das Ortsschild (dann sind es ja bekanntlich immer noch ein Meter bis zur Ortsmitte), kam an der verschlossenen Kirche mit dem griechischen Christussymbol vorbei und sah dann die Bar - mit dem großen Schild an der Tür der schattiges Terasse "Ferme" - geschlossen. "Ok, der wird auch für das leibliche Wohl der Festgäste an der Chapelle ... sorgen", dachte ich mir. Aber sie hatten nicht einmal die alte Oma zurück gelassen; es war keiner da, der mir etwas Kühles hätte anbieten, geschweige denn verkaufen können. Es jagte mich aber auch keiner weg, als ich dann hier trotzdem bei Weck, Worscht und lauwarmem Wasser meine Pilgerpause einlegte.
Ich war ja noch nicht einmal die Hälfte der heutigen Etappe gelaufen; also hieß es bald: einpacken und weiter. Die Ausschilderung brachte mich nun auf einen anderen Weg, eine andere Richtung, wie ich sie vorbereitet und beabsichtigt hatte, gehen zu wollen.
Am Wald entlang, dann an einem Maisfeld, das gerade intensiv beregnet wurde, wieder in die Sandsteppe mit Farn rechts und und links von mir. Dann 'landete' ich auf einem staubigen Schotterweg, der parallel zur Autobahn verlaufenden Servicestraße. Kurz nachdem ich die Autobahn wieder einmal überquerte konnte ich auf einem Hinweisschild des Jakobsweges den handschriftlichen Zusatz lesen: "Umleitung - aufgrund der Autobahn".
Am ehemaligen Bahnhof "Gare du Poteau", hier begrüßten mich mehr als zwanzig Hunde gleichzeitig (zum Glück hinter einem hohen Zaun), traf ich wieder auf die 'alte Bahntrasse'. Jetzt galt es noch einmal die Wasservorräte zu checken und einzuteilen, denn ab hier hatte ich noch 10 km Wegstrecke vor mir, wieder auf nachgebendem, weichen Sandboden.
Als ich nach zwei Stunden Fußmarsch 'Captieu' erreichte, klebte mein hochmodernes Microfaserwanderhemd an mir wie eine zweite Haut.
Ich möchte nicht wissen, wie es den Pilgern im frühen Mittelalter auf dieser Wegstrecke ergangen ist!
Kirche in Roquefort
In der Sandheide
Retjon: 1000 Kilometer bis Santiago
Retjon: diese Bar hatte leider geschlossen
Bourriot-Bregonce: Diese Bar hatte auch geschlossen,
lud allerdings im Schatten zu einer Rast ein.
Umleitung
Diese Versorgungsstraße (links) neben der Autobahn
kam ich entlang, ehe ich die Autobahn überquerte.

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