Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Sonntag, 25. August 2013

Tag 197 - 25.08.2013

Gut gestärkt verließ ich die gastliche Herberge und fand kurz hinter dem Ort einen Wohnwagen im Feld (solch 'Entsorgte' stehen hier öfters herum, manchmals sogar mit der ehemaligen 'Zugmaschine').
Nach einer guten halben Stunde erreichte ich die ersten Häuser von 'Saint-Amand-Montrond'. Die Stadt schien noch zu schlafen; nur wenige Autos waren unterwegs. Plötzlich trat ein Polizist aus einem Hauseingang etwas auf den Bürgersteig und wies mich "zur eigenen Sicherheit" an, die Seitenstraße zu wechseln und zügig weiter zu gehen. Ich tat wie befohlen, während er wieder Sichtschutz im Hauseingang suchte. Per Blick im Augenwinkel konnte ich in der einmündenden Seitenstraße drei Privat-Pkw sehen, je mit 'Kojak-Leuchte' auf der Seite des Autodaches. Und entgegen kam mir ein Lieferwagen mit der seitlichen Beschriftung: 'Kriminaltechnik'.

Ich ging weiter zum Hauptkreisel, in dem gerade eine Mirage 'abhebt'. Kurz danach, in der Stadtmitte, erinnerten mehrere Fahrradplastiken daran, das in dieser Stadt im Juni eine Endetappe der 'Tour de France 2013' war.
Ich konnte mich wieder ausreichend mit Getränken und Lebensmitteln versorgen.
Als ich aus der Stadt hinaus gehen möchte, will mich wieder ein Bürger 'auf den rechten Weg' bringen. Als ich im jedoch erklärte, ich laufe bewusst verkehrt herum, da ich von Santiago komme, kramte er in seiner Hosentasche und gab mir ein spanisches 2 Cent Stück. Er meinte: "eine Medaille oder so was hab' ich nicht, aber, da ist die Kathedrale von Santiago drauf. Ich schenke es dir!" Er drückte mit das kleine Geldstück in die Hand und meinte dabei: "Viel Glück noch auf deinem Weg".
Dieser führte mich viele Kilometer am 'Canal du Berry' entlang. Ab und zu hoffte einmal ein Angler, dass die Fische in der graugrünen, total veralgten Brühe den ausgeworfenen Köder wahr nehmen. Auch lagen von den Pappeln abgebrochene Äste im verlandeten Kanal. Hier ist schon lange nicht einmal mehr ein Hausboot durchgefahren.
Ich erreichte 'Charenton-du-Cher'. Am Ende der langen Einfallstraße konnte ich sehen, wie stets ein Auto kam, kurz hielt und nach etwa einer Minute einem anderen Gefährt Platz machte. Als ich näher kam, sah ich den Grund. Eine offene Bäckerei! Tja, in Frankreich fährt man mit dem Auto oft viele Kilometer für EIN frisches Baguette zu 80 Cent.
Die Kirche lag auf dem ausgeschilderten Weg; also, warum nicht einmal kurz hinein geschaut, zumal heute Sonntag ist.
Die Lampen brannten ebenso noch wie die Kerzen vom gerade zu Ende gegangenen Gottesdienst. Zwei Personen waren gerade damit beschäftigt, die ausgelegten Liedzettel wieder einzusammeln.
"Wie kommen Sie denn hier herein?" fuhr mich der ältere der beiden Liedzetteleinsammler an. Er wartete gar nicht meine Antwort ab und meinte: "WIR haben geschlossen!" (So, wie ein Geschäft???) "Ja, ich werde dann auch nur eine Minute, solange Sie noch beschäftigt sind, die Liedzettel ..."  "Nein, nicht einmal 30 Sekunden, hier ist jetzt zu!" Und dann meinte er noch so etwas wie ["Je suis désolée"], dass es ihm leid täte ...
Schweigend, verließen mein Pilger und ich sofort die Kirche und gingen in Gedanken versunken weiter. Nur das Knarren der Trageriemen des Rucksacks nahmen wir noch war. Etwas außerhalb des Ortes machten wir dann unter einem kleinen Ahornbaum Rast. Hier - in der freien Natur - fanden wir sie für uns wieder: "unsere Kirche", hier begegneten wir unserem Gott so wie auf jedem bisherigen Tag unserer Pilgerreise.
Der Weg zog sich entlang der Felder und kurz vor 'Ainay-le-Château' fing es auch noch an zu regnen. Seit Galicien hatte ich sie nicht mehr gebraucht; jetzt hingegen war rasches Handeln erforderlich. Da die Pilgerherberge erst in zwei Stunden Einlass gewährte, beschloss ich - entgegen meiner Planung - noch 11 km an diese Etappe 'dran zu hängen. (Dabei habe ich feststellen müssen, dass 11 km - nach bereits  gelaufenen 24 km - 'länger sind' als die ersten 11 km vor  noch zu laufenden 24 km).
Erschöpft kam ich in 'Valigny' im 'Relais de la Fôret' an, wo ich im Dachgeschoss- im ansonst absolut leeren Haus - eine Bleibe für die Nacht fand.

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