Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Mittwoch, 29. Mai 2013

Tag 109 - 29.05.2013

Ponferrada - Trabadelo - 36 km - 2523 km
Es dauerte gut 3 km, ehe ich von der Herberge, die nach dem Hl.  Nikolaus von Flüe benannt, die Stadtgrenze erreichte. Der Weg führte zeitweise am Río Sil entlang, der wenig Wasser führt. Dafür kam das Wasser von oben; nicht viel, aber es reichte, um nass zu werden. Hinzu kam der Wind und die Kälte. Die auf den umliegenden Bergen sichtbare Schneegrenze war während der Nacht weiter gesunken, so dass ich zum Wandern wieder meine komplette Winderausrüstung benötigte. Selbst den Hut tauschte ich anfangs gegen die wärmende und vor dem kalten Wind schützende Mütze ein.
Kaum war ich aus der Stadt, war ich auch schon wieder in einem Wohngebiet, Compostilla.
Vorbei an einigen 'Ermitas' und Kirchen führte diese Flachetappe über und unter Schnellstraßen nach Columbrianos. Die Kapellen waren verschlossen, die zahlreichen Bars am Wege hingegen alle geöffnet. Auch das hat sich auf dem Weg geändert; man kehrt lieber ein als in sich!
Vor Camponaraya folgte der Jakobsweg wieder der Straße. Auch hier gibt es einen Uhrenturm, der allerdings alleine steht und nicht in Stadtmauern eingebaut ist.  Danach quert man die Autobahn und läuft durch Weinberge auf Cacabelos zu, stetig leicht bergauf. Nicht "berauschend", dieser hügelige Weg, zumal er hinter dem Ort entlang der Landstraße führt, ohne extra Randstreifen. Die einzige Abwechselung bieten die mit wenig Abstand an einem dicht vorbei fahrenden PKWs, Busse und auch LKWs. Der Blick auf die Bergwelt rechts bzw. die Hügel, die sich nun wieder vor einem auftuen, ist durch die tief hängenden Wolken beschränkt; und aufgrund des Nieselregen bzw. dem Poncho durch die Regenkleidung. Der Schnellgang ist heute angesagt, denn anzusehen gibt es nicht viel!
Erst als ich mich nach fast 27 km der nächsten Stadt am historischen Wege nähere, werde ich etwas langsamer. Die einzelnen Schauer haben aufgehört, ich entledige mich meiner Regenkleidung und gehe auf die Stadt zu, die in einer Talmulde liegt. Villafranca del Bierzo, das "kleine Compostella" mit der "puerta del perdón" am Ortseingang in der romanischen Santiago-Kirche (siehe Foto). Das Durchschreiten dieser Tür (Ablasstür) in "Heiligen Jahren" war früher für den Sündenablass gleich bedeuten mit dem Erreichen von Santiago - für diejenigen, die es bis Santiago nicht mehr schafften. Heute ist diese Tür verschlossen.
Das aus dem 16. Jahrhundert stammende Kastell mit wuchtigen Rundtürmen liegt nur wenige Meter abseits der offiziellen Route.
Villafranca hat / muss einmal bessere Zeit erlebt haben; zahlreiche, ehemals sicherlich glanzvolle, mit Wappen verzierze kirchliche und Adelshäuser, heute - leider meist - ruinöse Bauten, zeugen davon.
Am Ortsausgang lasse ich mich an der Brücke mit 'Santiago' bildlich festhalten, ehe ich wieder an der Straße (N-VI) entlang nach Pereje gehe. Es nieselt (liegt es daran, dass ich mich Galicien nähere?) wieder, aber es sind ja nur noch ein paar Kilometer. Der Weg schlängelt sich nahezu flach durch das Tal, entlang des Río Valcarce, entlang aber auch der Autobahn, die sich einmal neben einem, mal über einem befindet.
Ich freue mich auf die kleine Herberge in Pereje, doch als ich nach 32 km dort endlich ankomme, teilt mir die männliche Reinigungskraft mit, dass er erst später fertig wird und ich noch gut eine Stunde warten müsse.
Folge: Müsliriegel augepackt und aus meinem bisher mitgetragenen Vorrat noch eine kleine Flasche von dem stark zuckerhaltigen, schwarzen, kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränk zu mir und weitere 3,5 km unter die Schuhsohlen genommen. Es fängt auf dem nun leicht ansteigenden Weg wieder an zu regnen, so dass ich froh bin, als ich für heute in der offenen Herberge in Trebadelos endgültig meine Schuhe ausziehen kann.
Geduscht, gegessen bin ich wieder voller Tatendrang; bei den anderen wenigen Pilgern sieht das anders aus. Mit voller Wandermontur steigen sie in ihren eigenen Schlafsack und beginnen unverzüglich mit dem Schlaf der Gerechten. Damit dies auch jeder mit bekommt, schnarchen sie auch noch am hellen Nachmittag so, als ob sie mit einer stumpfen Kettensäge die hier in Saft und Kraft stehenden Bäume fällen müssen.
Dass Südländer eine schnelle und laute Stimme haben, durfte ich verinnerlichen. Aber schnarchen sie auch lauter?
Also: auf in den kl. Aufenthaltsraum. Hier läuft das spanische TV und auf dem Sofa liegt  -  ein schnarchender Pilger, in Wanderhose und Regenjacke.

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