Ich bin dann ´mal da

oder - frei nach Goethe -

„Nur wo man hingelaufen ist, ist man auch wirklich da gewesen!“

Sonntag, 12. Mai 2013

Tag 92 - 12.05.2013

Villafranca => Orbaneja - 28 km - 2191 km
Als meine Gegenüber (im mehr als gesetzten Alter, d.h., sie wird es nicht mehr lernen) um 5:25 Uhr ihre hell erleuchtete Stirnlampe im Raum herum schwenkte, richtete sich mein Nachbar auf und fragte mich (da ich mit offenen Augen da lag): "Na, auch gut geschlafen?" Ich hätte ihn würgen können! "Nein", antwortete ich nur kurz, fragte aber sogleich nach seinem vollen Namen, denn, dass er aus Schottland war und mit Vornamen Richard hieß, hatte er uns allen schon gestern mitgeteilt. "R...", antwortete er, "warum"? Nun, ich erklärte ihm, dass ich künftig in jeder Herberge zuerst nachfragen werde, ob schon ein Richard R... eingecheckt hat. Wenn ja, werde ich diese Übernachtungsstätte tunlichst meiden. "Why" wollte er nun wissen. "Weil du schnarrrrrchst! "Das weis ich", war seine kurze Antwort, stieg aus dem Bett und machte das Zimmerlicht an. Jetzt mischte sich ein andere ein, der sich ebenfalls gestört fühlte und zischte "Mach's Licht aus! Warum machst du es schon so früh an?" "Ich will packen!" "Jetzt schon, dann nehme deine Stirnlampe!" "Ich habe keine dabei!"
Ich drehte mich in meinen Schlafsack und zog so gut es ging meine Kapuze über den Kopf (es nützte nichts, ich bekam trotzdem alles mit). Um 6 Uhr kam "meine Gegenüber" von der Morgentoilette zurück. Angefangen hatte es gestern abend. Richard erzählte jedem von uns 10 Personen, auch denen, die es nicht wissen und nicht hören wollten, dass er aus Schottland ... und das ja der spanische Wein so gut ...
Da keiner auf seine Gesprächigkeit einging, zog er sich aus, legte sich ins Bett und fing keine drei Minuten später an zu schnarchen.
Ohropax nützte nichts! Sein Einatmen war gekoppelt mit einem Geräusch, das selbst einem wilden Tier der Ocaberge Angst eingejagt hätte. Das Ausatmen glich einem abgesägten Motoradauspuff. Er "schnarchte" also auf zwei Wegen! Da die Tonlage auch noch bassmäßig tief und EXTREM laut, nahm ich sein Schnarchen über die Schädeldecke, nein, den ganzen Körper wahr. Er gönnte sich auch keine Auszeit und zumindest mir die Möglichkeit, in dieser kurzen Ruhephase sanft einzuschlummern.
Das war der Grund, warum ich um 5:25 Uhr immer noch mit offenen Augen in meinem Bett den Schlaf suchte.
Irgendwie war es also heute nicht meine Nacht. Ich hatte Halsschmerzen, Schluckbeschwerden und war missgelaunt beim Anblick von R.R.! Ich konnte ja nicht einmal zum Arzt gehen, um mich krank schreiben zu lassen.
Und dabei hatte ich mir am Abend gedacht: das Hotel bietet morgen, da ja Sonntag, das Frühstück erst ab 07:30 an. Da werden die meisten wohl etwas länger schlafen. Voll daneben getippt! Entweder sind sie gar ohne Frühstück davon gezogen, oder haben sich schnell etwas selbst gemacht.
Bei lausigen 6 Grad verließ ich die herbergliche Stätte Richtung Oca-Berge. Die ersten 2 km ging es allmählich nach oben. Da es noch so früh, behinderten Nebelschwaden und Dunst die Fernsicht. Es sollte erst nach 10 Uhr die Sonne zwar scheinen, jedoch nicht großartig wärmen.
Ich passierte ein Erinnerungsdenkmal an den Bürgerkrieg (1936 wurden hier Freiheitskämpfer erschossen). Wenig später erreichte ich die Passhöhe der Oca-Berge mit 1130m. Hier oben wuchsen nur noch Kiefer und Erika. Bis zum nächsten Ort ging es jetzt permanent leicht bergab. Etwas tiefer wuchsen auch wieder Eichen. Zur Zeit blühte auch eine Art Schneeglöckchen, die an manchen Stellen ganze Flächen bedeckten.
In 'San Juan de Ortega' (auf nun 1040m und bei immerhin 8 Grad) besichtigte ich die Kirche. Das dazu gehörige Kloster soll für mehr als 4 Mio. € wieder saniert werden; das Vorhaben ist schon lange im Gespräch. Erste zaghafte Hinweise: ein Baukran an den Klostermauern. Ich wärmte mich kurz in der nahen Bar mit einem 'cafe americano', ehe ich nach Agés weiter ging. Einige Pilger nutzten hier schon die Pilgerherberge, da es zusätzlich sowohl Restauration als auch Einkaufsmöglichkeiten gab.
Bis Atapuerca ging es dann auf der Landstraße weiter. Unterhalb der heutigen Kirche am Hügel hat man bei immer noch andauernden Ausgrabungen "Frühzeitmenschen" (homo heidelbergensis) gefunden. Spätestens in diesem Ort bog die Pilgerschar rechts in die Übernachtungsmöglichkeiten ein, ich wählte links - eine Bar! Ich musste mich etwas ausruhen und stärken, denn ich hatte noch 13 km vor mir, mit einem Anstieg auf extrem felsigem Weg zur Matagrande mit Steinkreis und Cruz de madera.
Da jetzt die Sicht gut war, konnte ich - mich gleichzeitig erholend vom steilen Anstieg - den Rundumblick geniessen. Selbst das immer noch 15 km entfernte Burgos war deutlich auszumachen.
Über Villalval mit einer verfallenen Kirche ging es nach Orbaneja, meiner heutigen Übernachtungsstätte im 'Casa rural Fortaleza'.

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